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Schlaglicht Netzwerkstelle Harz

Illustration einer Frau, die etwas anhand eines Flipcharts erklärt

Bild: DKJS/ Sandra Bach

Mit unserer zweiten Ausgabe des neuen Formats „Schlaglichter Netzwerkstellen“ wollen wir dieses Mal die regionale Netzwerkstelle Schulerfolg im Landkreis Harz und deren Träger, das Jugendamt, vorstellen. Nachfolgend werden Sie detailliert Einblick in ihre Tätigkeiten geben und schildern, was sich durch die Arbeit der Netzwerkstelle im Landkreis verändert hat.

Was genau sind die spezifischen Bedarfe und Besonderheiten im Harz? Wie reagiert Ihr als Netzwerkstelle (NWST) darauf?
Die Netzwerkstelle übernimmt zwei Hauptaufgaben in der Region. Zum einen die Bekanntmachung der Bildungsangebote im Landkreis Harz und zum anderen die Mitwirkung am Ausbau der Bildungslandschaft. Um dies zu gewährleisten, wird zweimal jährlich der Newsletter „Schulerfolg“ herausgebracht, in dem über pädagogische Initiativen berichtet wird. In den Vernetzungstreffen für Schulsozialarbeit haben pädagogische Akteurinnen und Akteure die Möglichkeit, sich den Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter vorzustellen und Kontakte aufzubauen.

Die NWST setzt Fortbildungen und Fachtage für Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter um. Durch eine regelmäßige Bedarfsabfrage wird das Fortbildungsprogramm an den Interessen der Pädagoginnen und Pädagogen ausgerichtet. Zur Stärkung der Jugendhilfe vernetzt sich die NWST mit anderen Projekten im Landkreis Harz beispielsweise „Bündnis Schule > Beruf (RÜMSA)“ sowie „Bildung integriert“ und unterstützt mit ihrem Fachwissen. Die NWST initiiert darüber hinaus eigene Projekte wie das Modellprojekt „Übergänge gestalten“.

Welchen Einfluss hat es, wenn die Trägerschaft der NWST durch die Kommune übernommen wird und die NWST an das Jugendamt angegliedert ist? Wo greifen die Arbeit der NWST und die Arbeit des Jugendamtes ineinander?
Träger der NWST im Landkreis Harz ist das Jugendamt. Die NWST ist innerhalb dieser Strukturen dem Sachgebiet „Förderung Jugendlicher und Familien/ Jugendschutz“ zugeordnet. Durch diese Anbindung ist die NWST eng verzahnt mit den Arbeitsbereichen „Frühe Hilfen“, „Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz“, „Koordinierungsstelle Jugendhilfe-Schule“ und „Jugend stärken im Quartier“. Durch regelmäßige Dienstberatungen wird ein guter Informationsfluss, gegenseitige Unterstützung und qualitativ hochwertiger Fachaustausch gewährleistet. Die Zugehörigkeit zum Jugendamt ermöglichte uns auch, Verbindungen zum sozialpädagogischen Fachdienst und zum Sachgebiet „Kindertagesstätten“ aufzubauen.

Die NWST wird demzufolge durch die Einbindung in das Jugendamt über aktuelle Termine und Entwicklungen in der Jugendhilfe aufgeklärt und hat vielfältige direkte Kontakte zum Jugendamt. Dieses Wissen kann sie an Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter bedarfsgerecht weitergeben und fördert damit die Vernetzung zwischen Schulsozialarbeit und Jugendamt. Dies zeigt sich darin, dass Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter an Arbeitskreisen wie zum Beispiel der Fachgruppe „Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz“, an den regionalen Arbeitskreisen „Umgang mit schulverweigerndem Verhalten“ – organisiert durch Jugend stärken im Quartier – sowie an Fachtagungen, die durch das Jugendamt initiiert werden, etwa der Fachtag „Moderne Medien in den Lebenswelten junger Menschen“ oder die Netzwerkkonferenz „Frühe Hilfen“ teilnehmen und Projektangebote des Jugendamtes für die Schulen nutzen.

Das Jugendamt ist mit dem Sozialamt, Gesundheitsamt, Amt für Gebäude- und Schulverwaltung und mit der Agentur für Arbeit sowie der KoBa (Kommunale Beschäftigungsagentur Harz) vernetzt. In dieser stabilen Struktur kann die NWST sehr gut Kontakt mit Entscheidungsträgern im Landkreis aufbauen und das Programm „Schulerfolg sichern“ weiter bekannt machen. Durch die Anbindung an das Jugendamt stellt die NWST beispielsweise regelmäßig ihre Arbeitsschwerpunkte im Jugendhilfeausschuss vor.

Durch die Präsenz der NWST nimmt der Landkreis die hohe Bedeutung des Programmes „Schulerfolg sichern“ für Kinder und Jugendliche wahr und setzt sich für dessen Fortführung ein. Vertretungen des Jugendamtes arbeiteten zum Beispiel in einer regionalen Werkstatt der landesweiten Koordinierungsstelle „Schulsozialarbeit im Blick“ an Konzeptvorschlägen für Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt mit und wiesen in einem Experteninterview für die Evaluation des Programmes durch Ramboll Management Consulting auf die Wichtigkeit der Schulsozialarbeit für den Landkreis Harz hin. Dadurch, dass die NWST dem Jugendamt zugeordnet ist, kann sie unabhängig von freien Trägern agieren und wird als gleichberechtigter Partner von diesen und der Öffentlichkeit wahrgenommen.

Wechseln wir einmal die Seite: Worin besteht der Mehrwert für den Landkreis, dass die NWST sich in Trägerschaft des Jugendamtes befindet?
Der Landkreis Harz hat mit der NWST in eigener Trägerschaft einen neutralen Ansprechpartner gegenüber den freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, die als Träger von Schulsozialarbeitsprojekten fungieren. Weiterhin vereinigen sich in der Trägerschaft des Landkreises weitere – für die Bildungslandschaft Harz relevante –  Programme wie „Jugend stärken im Quartier (JUSTIQU)“, „Bildung integriert“ oder „RÜMSA“, sodass sich sehr viele Schnittstellen ergeben und Synergieeffekte optimal ausgeschöpft werden können.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit in der Region? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe?
Unter dem Dach des Landkreises Harz sind zahlreiche Initiativen zur Absicherung der Bildungslandschaft wie der „Erzieherische Kinder- und Jugendschutz“, „Jugend stärken im Quartier“ und „Bündnis Schule > Beruf (RÜMSA)“ vereint. In dieser Struktur stellen sich die Projekte gegenseitig ihre Inhalte sowie Ergebnisse vor und arbeiten regelmäßig zusammen. Die NWST hat beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle „Bündnis Schule > Beruf und JUGEND STÄRKEN im Quartier“ die Handreichung „Der Weg zurück“ für Schulen zum Umgang mit schulverweigernden Verhaltensweisen herausgegeben.

Die Zusammenarbeit der Schule und Jugendhilfe wird von der NWST abgesichert durch:

  • Organisation und Moderation der Fachgruppe Schulerfolg
  • Organisation des zentralen Steuergruppentreffens für Schulsozialarbeit
  • Organisation des Beirates für Bildungsbezogene Angebote
  • Teilnahme der Netzwerkstelle an den Schulleiterdienstberatungen
  • Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungen für Vertreterinnen und Vertreter der Jugendhilfe und der Schule

An welchen Themen arbeitet Ihr (innerhalb des Programms?) Könnt Ihr ein herausragendes Vorhaben vorstellen, insbesondere hinsichtlich der Aspekte Vernetzung, Verstetigung oder Qualifizierung?
Ein Schwerpunkt, der bei „Schulerfolg sichern“ benannt wird, ist die Förderung gelingender Bildungsbiografien an den Übergängen. Dadurch, dass die NWST seit 2012 das Modellprojekt „Übergänge gestalten“ von Grundschule zu weiterführender Schule umsetzt und seit 2016 das Angebot für Kindergarten und Grundschule ausgebaut hat, setzt sie sich intensiv mit diesem Themenbereich auseinander. Durch Projekttage an den Schulen, Vorschulvormittage in den Kindergärten und Elternabende werden Übergänge zwischen den Bildungseinrichtungen positiv gestaltet.

Kinder lernen durch das Modellprojekt vor dem Schulwechsel Schülerinnen und Schüler sowie Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter der aufnehmenden Schule kennen, werden durch Gruppengespräche, Kooperations- und Kommunikationsspielen und durch die Auseinandersetzung mit eigenen Gefühlen in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung gestärkt und können dadurch den Übergang sicherer und selbstbewusster bewältigen. Eltern bewerten das Angebot positiv. Sie nehmen wahr, dass ihre Kinder sehr gut auf den Übergang vorbereitet werden und die Schulen Kontakte zu Kindergärten oder weiterführenden Schulen im Sinne der Kinder aufbauen. Darüber hinaus empfinden Eltern die Wissensvermittlung und den Informationsaustausch durch die Elternabende als sehr hilfreich im Umgang mit ihren Kindern.

Um die Ideen und praktischen Erfahrungen des Modellprojektes an Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter weiterzugeben, wurden mehrere Multiplikatorschulungen zum Modellprojekt angeboten. Im Anschluss daran setzen interessierte Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter das Angebot an den Schulen bzw. Kindergärten um. Sie werden dabei von der NWST begleitet und darin geschult, das Angebot selbständig in ihrer Einrichtung fortzuführen.

Welche Veränderungen habt Ihr durch Eure Arbeit wahrgenommen?
Lehrerkräfte sind durch die Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit der NWST besser über Schulabsentismus informiert. Sie sind sensibilisierter für die Anzeichen von Schulverweigerung und wissen, welche Maßnahmen sie einleiten sollten.

Durch das vielfältige Angebot der NWST wie zum Beispiel die Fortbildung „Kollegiale Fallberatung“, Durchführung von Coachings an Schulen und die halbjährliche Umsetzung der Fachtagung „Wohin mit dem Schwierigen“ – in Zusammenarbeit mit der Förderschule „Wilhelm Busch“ in Wasserleben – achten Lehrkräfte stärker auf die Förderung sozialer Fähigkeiten. Sie legen mehr Wert auf eine gute Konfliktkultur und setzen soziale Trainings mit den Schülerinnen und Schülern um.

Schulen sind mit der Unterstützung der NWST besser über die Angebote der Jugendhilfe informiert und nehmen diese bereitwilliger wahr. Schulen treten an die Mitarbeitenden des Jugendamtes und der NWST heran, um deren Projekte zur Sexualprävention, zum Umgang mit Drogen sowie zum Thema Medien zu nutzen. Als Folge ist an mehreren Schulen ein Gesamtkonzept zum Umgang mit Suchtgefährdung als fester Bestandteil der Schulprogrammarbeit entwickelt worden. Es werden an den Schulen regelmäßig Suchtpräventionsprojekte mit Schülerinnen und Schülern umgesetzt und Handlungsleitfäden erstellt, nach denen sich Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie Lehrkräfte zur individuellen Begleitung von Schülerinnen und Schüler richten können. Im Ergebnis wird mit dem Thema Sucht im Team offener umgegangen, es können besser vorbeugende Maßnahmen an den Schulen realisiert werden und Krisenfälle kompetenter bearbeitet werden.

Wie hat sich aus Trägersicht die Arbeit der Netzwerkstelle in der Region in den letzten Jahren entwickelt?
Die Arbeit der Netzwerkstelle hat sich in den vergangenen 11 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Die Netzwerkstelle hat sich dadurch als festes Bindeglied an der Schnittstelle von Jugendhilfe und Schule etabliert.

Welches sind die drei wesentlichen „lessons learned“, die Ihr im Rückblick auf die Tätigkeit der NWST ziehen könnt?
Ein direkter Kontakt mit Schulleitungen, Lehrkräften sowie Erzieherinnen und Erziehern ist unerlässlich, um Vertrauen für die Arbeit der NWST zu erringen. Die Möglichkeit, sich für Gespräche genügend Zeit einteilen zu können, ist eine wichtige Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit. Nicht nur für die Arbeit an Schulen ist die personelle Kontinuität der Schulsozialarbeit entscheidend. Auch für das erfolgreiche Arbeiten der NWST ist eine lang andauernde Tätigkeit der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter an einer Schule wichtig. NWST und Schulsozialarbeit haben beidseitig Vorteile voneinander. Die NWST kann Schulsozialarbeit durch Projekte sowie Beratungen bereichern und findet über Schulsozialarbeit einen leichteren Zugang zu den Schulen.

Das Hauptthema „Schulerfolg sichern“ eröffnet NWSTs ein breites, fast grenzenloses Aufgabenfeld. Deshalb müssen NWSTs Schwerpunkte setzen und an einzelnen Themen spezifisch weiterarbeiten, um in der Öffentlichkeit ihr Profil und ihre Zuständigkeiten gut präsentieren zu können.

Welches sind die Ziele, die Ihr Euch als NWST für das kommende Jahr gesetzt habt?
Die NWST wird sich dafür stark machen, dass die begonnene Arbeit, Projekte und Vernetzung der Schulsozialarbeit auch nach der Förderperiode 2020/ 2021 fortgeführt werden kann.Ein Auftrag der NWST in diesem Rahmen wird es sein, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter über die politischen Entscheidungen zur Schulsozialarbeit zu informieren und zu bestärken, für ihre Tätigkeit einzustehen und weiter daran festzuhalten. Neu angestellte Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter werden beratend und begleitend in das Netzwerk eingebunden.

Die NWST hat das Modellprojekt „Übergänge gestalten“ von der Grundschule zur weiterführenden Schule und vom Kindergarten zur Grundschule aufgebaut. An dem Angebot nehmen im Schuljahr 2019/ 2020 14 Grundschulen, 10 weiterführende Schulen und 11 Kindertagestätten teil. Die Anzahl der teilnehmenden Einrichtungen zeigt, dass das Projekt gut angenommen wird. Die NWST wird darauf achten, dass das Projekt in gleichbleibender Quantität und Qualität fortgesetzt wird.

Der Schlusspunkt gehört dem Träger: Was am Programm „Schulerfolg sichern“ schätzen Sie besonders und was hat sich aus Ihrer Sicht am besten bewährt?
Aus Sicht des Landkreises Harz hat sich insbesondere die Schulsozialarbeit vor Ort an den jeweiligen Einzelschulen sowie die NWST als Bindeglied zwischen Schule und Jugendhilfe nachdrücklich bewährt und sollte weiterhin Bestand haben. Zudem schätzt der Landkreis Harz vor allem die Fortbildungsangebote, die durch die regionale Netzwerkstelle Schulerfolg initiiert werden, mit denen flexibel und schnell auf aktuelle Bedarfe reagiert werden kann und bei denen Akteurinnen und Akteure aus unterschiedlichen Bereichen multiprofessionell zusammenarbeiten.

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