Kinder und Jugendliche demokratische Grundprinzipien erleben lassen, Ihnen Partizipation ermöglichen, etwaige Probleme im Klassenverband lösen und nicht zuletzt Schule zu einem Ort der Mitgestaltung machen – das schafft der Klassenrat. Und obwohl ein etabliertes Werkzeug schulischer Pädagogik: von ganz allein geht es nicht. Wie immer braucht es Organisation, Mitstreiter:innen und ja auch Fleißiplin, denn ohne etwas Ausdauer und Motivation steht der Rat schnell ohne Räder da.
Der Weg zum Klassenrat – Rollen verteilen, Strukturen etablieren
Ob erste Sitzung oder letzte vor den Ferien, der Klassenrat profitiert von klarer Rollenverteilung und festen Aufgaben, die mit diesen Rollen einhergehen, weiß Nicolas Wartenberg, Schulsozialarbeiter an der Gemeinschaftsschule „Rosa Luxemburg“ in Wittenberg. Besondere Bedeutung misst er den vier Ämtern bei, auf denen der Klassenrat fußt.
- Leitung wird bewusst von Lehrkraft/Schulsozialarbeit abgegeben und sind zu Beginn nur unterstützend tätig
- Regelwächter:innen achten auf die im ersten Klassenrat vereinbarten Gesprächsregeln und setzten vereinbarte Konsequenzen um
- Zeitwächter:innen achten darauf, dass Wortbeiträge nicht zu ausufernd erfolgen und die zu Beginn vereinbarte Zeit für das Thema eingehalten wird
- Protokollant:innen halten wichtige Punkte (Ämter, Zeit, Datum, Thema, Problem, Lösung, Vereinbarungen, etc.) fest, um bei nächster Sitzung des Klassenrats mögliche positive Veränderungen absprechen zu können
Steht der Termin für die erste Klassenratssitzung, empfiehlt Nicolas Wartenberg folgende grobe Agenda (gleichsam aber auch für alle weiteren Sitzungen):
- Begrüßung und Ämtervergabe
- Protokollkontrolle letzter Sitzung
- positiver Einstieg (eine positive Sache seit letzter Sitzung)
- Themenvorstellung, -wahl und -bearbeitung sowie Festlegung von Lösungen/Vereinbarungen
- Blitzrunde mit konstruktiver Kritik zum Ablauf der Sitzung
Erfahrungsbericht: Warum sich dennoch Unterschiede in Wirkung und Handeln ergeben
Wenngleich Struktur und Rollen wesentlich für den Erfolg des Klassenrates sind. Die Ergebnisse können dennoch erheblich divergieren, wie Nicolas Wartenberg aus eigener Erfahrung berichtet. So wurden an seiner Schule zum einen Klassenräte in den fünften Klassen auf Initiative von Schulleitung und Schulsozialarbeit und in Abstimmung mit den entsprechenden Klassenleitungen eingeführt. Zum anderen zeigte sich in den ersten Schulwochen ebenso in einer sechsten Klasse der Bedarf, da nach einer Aufteilung des Jahrgangs vermehrt interpersonelle Probleme auftraten.
Im Vergleich der Klassen kristallisierten sich dabei folgende Faktoren als wesentlich für das Gelingen heraus: die Mitwirkungsbereitschaft von Schüler:innen und Klassenleitung sowie die regelmäßige Durchführung.
Dazu sagt Nicolas Wartenberg:
„Es zeigte sich im Laufe des Schuljahres 2024/2025, dass vor allem die sechste Klasse den Klassenrat sehr schnell aufnahm und sich die Durchführung unter Einbeziehung der Schulsozialarbeit aktiv einforderten. Auch war in dieser Klasse die größte Entwicklung zu verzeichnen, da sich das Verhalten untereinander im Klassenrat mit jeder Sitzung spürbar verbesserte und auch Probleme in der restlichen Woche innerhalb der Klasse zwar nicht in jedem Fall ausblieben, aber entweder im Klassenrat angesprochen oder außerhalb deutlich konstruktiver geklärt wurden. Darüber hinaus kam es in dieser Klasse am häufigsten zu Situationen, in denen der Klassenrat ein positives Eigenleben entwickelte und sich Schulsozialarbeit und Klassenleitung ,zurücklehnen‘ konnten.“
Dahingegen wurden in zwei der fünften der Klassen der Schule der Klassenrat anders eingesetzt. Mit spürbaren Unterschieden wie Nicolas Wartenberg im Rückblick feststellt: „Die anderen zwei Klassen des Jahrgangs 5 nutzten den Klassenrat eher problembezogen statt als wöchentlich fest verankertes Instrument. Auch war feststellbar, dass in diesen Klassen der Schritt von der Problembeschreibung zur Formulierung von Lösungsvorschlägen noch deutlich schwieriger fiel.“
Austausch und Ausdauer – noch einige Tipps zum Schluss
Ganz klar, der Klassenrat ist ein profundes Mittel für die Schaffung eines vitalen, gleichsam konstruktiven und respektvollen Klassenklimas. Aber kein Selbstläufer. Wenn sie als Schulsozialarbeiter:in erstmals oder auch neuerlich einen Klassenrat etablieren wollen, gehen Sie in Austausch. Profitieren Sie von den Erfahrungen des Kollegiums und riskieren Sie einen Blick auf die Tipps, die Herr Wartenberg und seine Kolleg:innen gesammelt haben, denn Rat macht vieles leichter:
→ für die Einführung viel Zeit einplanen
→ Themen finden, welche die Schüler:innen zur Mitarbeit anregen und bei deren Bearbeitung sie Erfolge wahrnehmen können
→ Klassenleitung ins Boot holen, damit diese das Projekt fortführt
→ im Idealfall ist der Klassenrat fest im Wochenplan verankert
→ langer Atem immens wichtig und Rückschritte gehören dazu